Fensterputzen und Bogenschießen, Schlemmen und Wakeboarden.
Erholsam für Eltern und abenteuerlich für Kinder – im Artland ist „Urlaub auf dem Bauernhof“ noch mehr als das. Romantisch im Heu oder komfortabel im Apartment verbringen Gäste die Nacht. Und erleben am Tag genussvoll-kulinarische Ausflüge oder lernen putzen, testen trendige Sportarten wie „Pitch & Putt“ oder klassische wie das Bogenschießen. Gemeinsam ist allen Höfen entlang des Flüsschens Hase im nördlichen Osnabrücker Land das prachtvoll verzierte Fachwerk, denn das Artland war einst die wohlhabende Kornkammer des Fürstbistums Osnabrück.
Ein typisches Artland-Anwesen ist Hof Elting-Bußmeyer in Badbergen. Bei Hofführungen erklärt der Hausherr, warum die Bauern nördlich von Osnabrück so wohlhabend wurden, dass sie sich derart prachtvolle Häuser leisten konnten.
„Dass unsere Böden so fruchtbar sind, verdanken wir der letzten Eiszeit.“ Albrecht Bußmeyer hat an seinem Hof in Badbergen eigens eine Karte des Osnabrücker Landes aufstellen lassen, um Besuchern diesen Zusammenhang zu erklären. Seine Äcker – und die Felder von rund 700 weiteren Landwirten – lagen vor 12.000 Jahren noch unter einem Gletscher der Weichsel-Kaltzeit. „Was dieser an Geröll und Sand vor sich herschob, bildet heute die Dammer Berge und die Ankumer Höhen.“ Mit einem halbkreisförmigen Schwung folgt seine Hand auf der Karte dem Bogen, den die Höhenzüge südlich von Quakenbrück bilden. In dem weiten Tal dazwischen stehe der Grundwasserspiegel verlässlich so hoch, dass die Bauern sogar nach sehr trockenen Sommern noch gute Ernten einfahren. So brachten es die Artländer zu einem Wohlstand, den sie stolz mit ihren prächtigen Fachwerkhäusern zeigen. Eine Tradition, an die der heutige Hausherr anknüpft, indem er an Wochenenden Besucher über seinen mehr als 600 Jahre alten Hof führt: „Wir haben noch die Kauf-Urkunde aus dem Jahr 1399.“ Dabei zeigt er viele historische Schätze – nicht zuletzt die aufwändigen Schnitzereien am Eichen-Fachwerk seines mehr als 40 Meter langen Niedersachsenhauses. Er zeigt aber auch einen sehr lebendigen landwirtschaftlichen Betrieb inklusive Viehstall, Festdiele und liebevoll gepflegtem Bauerngarten. Zum guten Schluss gibt es im alten Backhaus, dem heutigen Hofcafé, hausgemachten Kuchen oder eine deftige Stärkung. Die Festdiele vermietet Bußmeyer für große Veranstaltungen, lädt gelegentlich auch selbst zu Märkten und Feiern. Nur Übernachtungsgäste gibt es nicht auf seinem Hof.
Pitch & Putt auf der Streuobstwiese
„Denn beides geht nicht.“ Das wissen auch seine Nachbarn Erika und Bernd Groneick. Sie haben sich für Feriengäste entschieden und dafür, dass diese nachts in vier Apartments und dem Ferienhaus ruhig schlafen können. Also keine Partys. Dafür aber jede Menge Sport-Angebote: „Nachdem wir den Hof 1992 gekauft hatten, haben wir als erstes das Bogensport-Gelände eingerichtet“, erzählt die Gastgeberin. Denn für diesen Sport begeistert sich ihre Familie ganz besonders. Die Tochter schoss um Deutsche Meisterschaften, Vater Bernd ist ein gefragter Trainer. Zu ihm kommen Profis, um ihre Treffsicherheit auf der Wettkampf-Distanz von bis zu 90 Metern zu verbessern. Zu ihm kommen aber auch Anfänger, die in den Ferien erste Pfeile aus zehn Metern Entfernung ins Ziel bringen wollen.
Bogenschießen für Anfänger auf Hof Groneick: Profis treffen auf 90 Meter Entfernung, hier sind die Zielscheiben nur zehn Meter weit weg.
Um ganz andere Treffer geht es auf der Streuobstwiese des Hofes: Hier legten die Groneicks vor drei Jahren zwischen den alten Bäumen eine moderne „Pitch & Putt“-Anlage an. Die trendige Golf-Variante mit den verkürzten Entfernungen zwischen Abschlag und Loch können auch Anfänger sehr leicht erlernen. Wem es zunächst an Treffsicherheit mangelt, der unterstützt die Kinderkrippe im Örtchen Gehrde, denn „unsere Gäste spenden für jeden unauffindbar verschlagenen Ball zwei Euro“. In Rechnung stellen müsse man die Bälle nicht, denn ein Junge aus der Nachbarschaft habe den Ehrgeiz entwickelt, möglichst alle wiederzufinden.
Zu den Sportangeboten des Hofes zählen außerdem Nordic-Walking-Kurse mit der Hausherrin und ein Boule-Parcours. Zudem liegt das Anwesen an der „Artland-Rad-Tour“, die auf insgesamt 150 Kilometern die besondere Bauernhofkultur der Region erlebbar macht. Dazu gehört, dass „Nachbarschaft“ keineswegs räumliche Nähe bedeutet, denn die Artland-Höfe liegen einzeln und weit verstreut in der parkähnlichen Kulturlandschaft.
Moderner Vierkampf emanzipierter Männer
So sehr sich die Fachwerk-Anwesen im nördlichen Osnabrücker Land aus der Ferne ähneln mögen – hinter den Pracht-Fassaden erleben die Gäste dennoch stets etwas anderes. Der Bauer, der im Örtchen Merzen die Rösser anspannt, heißt Norbert Frohne und nimmt seine Gäste gerne mit auf Kutschfahrten nach „Ägypten“. Wie der Ortsteil von Neuenkirchen zu diesem Namen kam, darüber kann er spannende Räubergeschichten erzählen. Ansonsten setzt er seine Felder und Wiesen in Stand, während sich Gattin Elisabeth – „Mich nennen alle Lieschen“ – in unvergleichlicher Manier um ihre Gäste kümmert: Die Hauswirtschaftsmeisterin verhilft Männern in bis zu einwöchigen Kursen zum „Putzdiplom“. Und zwar mit so viel Sachverstand und Humor, dass sie mittlerweile ein immer wieder gern gesehener Gast in unterschiedlichen TV-Sendungen ist. Aber auch ohne Kamera und Scheinwerfer zieht sie in ihrer Küche eine sehenswerte Show ab. An deren Ende, verspricht sie, „sind alle fit für den modernen Vierkampf emanzipierter Männer: Putzen, Kochen, Waschen und Bügeln“. Während Papa in Lieschens Pudding-Akademie büffelt, kann Mama sich entspannen, und der Nachwuchs entdeckt die Natur rund um den Bauernhof. Und am Ende des Tages? Treffen sich alle zum Schlafen auf dem Heuboden. Es gibt aber auch richtige Betten in den modern eingerichteten Ferienwohnungen unter dem mächtigen Giebeldach des alten Hofes.
Ausflüge per Pferd, Fahrrad, Kutsche und Draisine
Den ganz klassischen Urlaub auf dem Bauernhof, bei dem sich auch Papa erholen kann, bietet Familie Nyenhuis in Bippen. Ihr Hof ist sozusagen der Benjamin unter den Artland-Anwesen: Gegründet 1910 und erst in dritter Generation in Familienbesitz. „Bis 1917 haben meine Großeltern hier elf Hektar Busch- und Heideland urbar gemacht und nebenbei noch fünf Kinder bekommen“, erzählt Johannes Nyenhuis. „Ich weiß gar nicht, wie die das damals gewuppt haben.“ Ganz untätig waren er und Gattin Ulrike freilich ebenfalls nicht, fügten der klassischen Bullenmast ihres Betriebes sieben moderne Ferienwohnungen und ein Café hinzu. Außerdem einen Spielplatz direkt am Wald, eine große Spielscheune für Regentage sowie einen Kaninchenstall. „Der ist deshalb so wichtig, weil unsere Bullen einfach keine Streicheltiere sind.“ Zusätzlich zu den üblichen Ferien-Fortbewegungsmitteln Pferd, Fahrrad und Planwagen findet sich ganz in der Nähe eine spannende Alternative: eine Draisine auf einer stillgelegten Bahnstrecke.
Noch ungewöhnlicher und sehr viel rasanter ist die Wakeboard-Anlage des Ferien- und Erholungsparks Alfsee. Ein Strandbad am See mit Campingplatz, Ferienhäusern und Hotel bietet hier eine Alternative zum Urlaub auf dem Bauernhof. Als Konkurrenten sehe er die Höfe jedoch nicht, so Geschäftsführer Anton Harms, im Gegenteil: „Wir weisen unsere Gäste auf die attraktiven Ausflugsziele in der Umgebung hin.“ Auf die Swin-Golf-Anlage des Guts Vehr etwa, auf das Traktoren- oder Kutschenmuseum, die verschiedenen Mühlen und die Kart- und Buggy-Bahnen des „Fursten Forest“. Auch Abstecher auf die Höfe und in die Orte lohnen sich immer: Zu den ersten Frühlingsmärkten im April oder den Spargel- und anderen Schlemmerfesten, zu Rock- oder Sambafestivals im Sommer oder zu den Weihnachtsmärkten. Nicht zu vergessen: die traditionellen Feiern zur Ernte-Zeit, wenn sich die Kornkammern wieder füllen.
Quellen-Bildnachweis: Angelika Hoffstädt, Tourismusverband Osnabrücker Land e.V.