Station 5: Abenteuer Amazonasdschungel
Vor uns liegen vier Tage Dschungelerlebnis. Es geht in das Amazonas – Tiefland im Osten Ecuadors. Von Quito ist es nur ein Katzensprung, eine halbe Flugstunde bis zur Urwaldstadt Coca am Rio Napo. Heute zählt die Hauptstadt der Provinz Orellana rund 50.000 Seelen. Noch vor einem halben Jahrhundert gab es hier nur eine kleine Missionarssiedlung von Kapuzinermönchen. Erst mit der Ausbeutung der reichen Erdölquellen im Amazonasgebiet entwickelte sich die Stadt rasch, dehnte sich im feucht- heißen Regenwald immer weiter aus.
Schon beim Verlassen des Flugzeuges spüren wir die tropischen Temperaturen. Brütende Hitze schlägt uns entgegen. Der Schweiß bricht aus allen Poren. Es geht zum Hafen am Rio Napo. Sehr herzlich empfängt uns hier Marco Cisneros in fließendem Deutsch. Wir erfahren: Er hat in Deutschland eine Hotelausbildung absolviert und in Flensburg Biologie studiert. Heute ist er der Manager des Napo-Wildlife-Centers, einer exclusiven Lodge mitten im Urwald. Sie wird bei unseren Dschungeltouren in den nächsten Tagen unser Zuhause sein.
Am Hafen besteigen wir ein langes überdachtes Motorkanu.
Es wird uns in die Nähe der Lodge bringen, rund 90 Kilometer von Coca entfernt. Wir fahren auf dem träge dahinfließenden Rio Napo stromabwärts. Er ist einer der größten Nebenflüsse des Amazonas. Fast 1500 Kilometer lang, nimmt er auf seinem Weg rund 800 Flüsse auf. Schon hier in Coca ist er ein kilometerbreiter Strom, der sich bis zur Mündung auf acht Kilometer Breite ausdehnt.
Unser Boot rast mit fast 50 Stundenkilometer über das Wasser. Der starke Fahrtwind bringt uns Abkühlung. Wir spüren die feuchte, tropische Wärme kaum noch. Es ist eine Fahrt mit Umwegen. Von einem Ufer zum anderen schlängelt sich unser Boot in Richtung Amazonas. Die zahlreichen aufgeschwemmten Sandbänke lassen keinen geraden Kurs zu. Unser Bootsführer muss höllisch aufpassen, um nicht zu stranden, denn täglich verändert sich die Fahrrinne, gibt es neue Untiefen. Diese ungewöhnliche Zickzack – Fahrt ist uns angenehm. So können wir die vom Urwald dicht bewachsenen Uferregionen näher in Augenschein nehmen. Es ist ein grünes Paradies, eine scheinbar unberührte einzigartige Naturlandschaft.
Nur selten entdecken wir einzelne Hütten oder kleine Siedlungen am Ufer. Hier zu leben und zu wohnen, ist für uns nur schwer vorstellbar. Doch dann erblicken wir eine Hafenanlage mit langen Lastkähnen, auf denen LKW’s und andere Großgeräte transportiert werden. Eine lodernde Gasfackel im nahen Hinterland macht uns deutlich, hier wird Erdöl gefördert.
Für Ecuador ist das „Schwarze Gold“ die wichtigste Einnahmequelle. Darauf kann das Land nicht verzichten. Doch die Ausbeutung der Erdölquellen im Amazonasgebiet schlägt tiefe Wunden in die urwüchsige Natur, beeinträchtigt die Flora und Fauna erheblich. Der dichte Urwald am Ufer verwehrt uns, die giftigen Hinterlassenschaften der Produktion unmittelbar zu sehen. Wir können nur ahnen, welche verheerenden Einschnitte sie in dieses Naturparadies bringt.
Nach zwei Stunden Fahrt auf dem Rio Napo biegen wir in einen schmalen Seitenarm ein. Kurz danach erreichen wir eine kleine Anlegestelle. Weiter kann unser Motorkanu nicht fahren. Das seichte Wasser des Flüsschens lässt das nicht zu. Wir steigen um in ein kleines Kanu.
Jetzt geht es nur noch mit Muskelkraft unserer beiden Begleiter flussaufwärts. Wir erfahren, bis zur Lodge sind es noch 7,5 Kilometer. Sie ist nur über diesen kleinen Fluss erreichbar, einen anderen befahrbaren Weg gibt es nicht. Die einheimischen „Kichwa Añangu“ nennen den kleinen Bach „Schwarzes Wasser“. Dabei ist das Wasser klar, doch die dichten Urwaldbäume überspannen den Fluss über weite Strecken wie ein grünes Dach, lassen die Sonnenstrahlen kaum zum Boden vordringen und so das Wasser dunkel erscheinen.
Es ist eine einzigartige, ganz besondere Atmosphäre, die uns uns umgibt. Was wir auf dem breiten Rio Napo nur erahnen konnten, jetzt sind wir mittendrin, eingetaucht in die grüne Lunge Ecuadors. Die Faszination Dschungel hat für uns begonnen. Wir bestaunen mächtige Baumriesen, können uns nicht satt sehen an der üppigen, vielgestaltigen Landschaft. Sie atmet Ruhe, doch sie ist voller Leben. Vielseitig sind die Geräusche des Urwalds, die an unsere Ohren dringen. Unüberhörbar ist das Gekreische der Papageien, Sittiche und vieler anderer Vogelarten. Da rast eine Horde Wildschweine grunzend durch die Büsche des Waldes. Wir sehen sie nicht, hören sie nur. Dann huscht eine Gruppe von Totenkopfäffchen direkt vor unseren Augen flink über die Baumwipfel von einer Flussseite zur anderen. Ein Stück weiter zieht ein Tapir langsam seiner Wege. Schon diese ersten Eindrücke sind überwältigend.
Zahlreiche, querliegende Baumstämme im Flussbett lassen uns nur mühsam vorankommen. Plötzlich ändert sich die Uferzone. Der bisher feste Boden ist einer sumpfigen, morastigen Landschaft gewichen. Auf diesem Untergrund finden die Urwaldriesen keinen Halt mehr. Nur kleinere Bäume, dichtes Buschwerk und Mangroven wachsen hier, lassen einen tieferen Einblick in den Regenwald zu.
Wir nähern uns der Lodge. Nach einer weiteren Flussbiegung liegt unerwartet ein großer breiter See vor uns, von dichtem Urwald umrandet. Silbrig glänzt seine Oberfläche im Sonnenlicht. Ein malerischer Anblick. Am Ufer erkennen wir schon aus der Ferne das Napo-Wildlife-Center. Zentraler Blickfang ist ein 40 Meter hoher Turm aus mehreren Etagen. Über jedes Stockwerk breitet sich ein dichtes Bambussdach aus. Sie lassen den Bau in seiner Form wie einen riesigen Urwaldbaum erscheinen. Davor gruppieren sich die 16 Wohnhütten der Lodge für maximal 32 Gäste. Auch sie haben Bambusdächer, bieten so ein einheitliches Ensemble.
In der offenen, überdachten Empfangshalle am Steg werden wir freundlich begrüßt. Ein erquickender, kühler Erfrischungstrunk wird uns gereicht. Dann beziehen wir unsere Zimmer. Die Wege zu den einzelnen Hütten sind gepflastert und mit blühenden Rabatten und Sträuchern gesäumt. Alles wirkt wie eine schön angelegte kleine Parkanlage.
Zu jedem Holzhaus gehört eine Veranda mit Sitzgruppe und Hängematte.
Der großflächige Innenraum ist als Wohn- und Schlafzimmer kombiniert gestaltet. Das moderne breite Doppelbett ist von einem Moskitonetz umhüllt. Eine Couchgarnitur mit Sesseln lädt zum Ausruhen ein. Die glänzenden Dielen, die massiven braungebeizten Holzwände und Dachbalken, ein geschnizter alter Schrank – all das wirkt anheimelnd, behaglich, gediegen. Das eingebaute große Bad besticht mit exklusiver Ausstattung – moderner Dusche, WC und Waschschüssel. Es fehlt an nichts in dieser Luxusherberge. Wir sind überwältigt, das haben wir mitten im Urwald nicht erwartet.
Am Nachmittag lädt uns Marco, unser Guide und Manager der Lodge, auf die oberste Aussichtsplattform des Turmes. Sie ist über Treppen erreichbar, aber auch – man höre und staune – über einen Aufzug. Ich wähle den bequemen Weg. Oben erwarten uns Tee und Erfrischungagetränke und ein atemberaubender Blick über die Wipfel der Dschungellandschaft und den See zu Füßen der Lodge.
„Añangucocha“ – Ameisensee – so nennen ihn die hier beheimateten Kichwa. Er wirkt friedlich, lädt zum Baden ein. Doch das ist verboten. Kaimane, Pirañhas, Anakondas und der riesiege Peitschenfisch sind hier zu Hause. Er kann drei bis vier Meter lang werden und besitzt ein Riesenmaul. Damit hat er schon einmal einem Kanufahrer der Lodge ein Paddel durchgebissen, erzählt uns Marco. Die Bewohner des Sees erblicken wir nicht, umso mehr zeigt sich uns ein Teil der Tierwelt des Regenwaldes. Vogelschwärme flattern aufgeregt durch die Lüfte. Sie zeigen sich uns in ihrem prächtigen vielfarbigen Gefieder.
Wir sehen nur die Totalität des Regenwaldes, doch Marco entdeckt mit seinen geübten Augen verschiedene Vögel, die im Geäst der Bäume hocken. Mit einem leistungsstarken Fernrohr bringt er sie für uns ganz nah, lässt uns in aller Ruhe die reiche Vogelwelt bewundern. Von ihm erfahren wir: Die Lodge liegt im größten Naturschutzgebiet Ecuadors, dem Nationalpark Yasuni. Er wurde 1979 von der Regierung beschlossen und umfasst eine Fläche von fast 10.000 Quadratkilometern.
Die UNESCO erklärte dieses Naturparadies 1989 zum Biosphärenreservat. Mit Recht. Der Nationalpark zählt weltweit zu den Orten mit der größten Artenvielfalt. Fast 2300 Baum- und Buscharten wachsen hier. Darin leben allein fast 600 Vogelarten. So kommen Ornithologen aus aller Welt in den Park, um die breite Vogelpracht näher zu untersuchen und zu studieren.
Diese einzigartige Naturlandschaft weist die größte Dichte an Amphibien-, Säugetier-, Vogel- und Pflanzenarten des gesamten Amazonasgebietes auf. Die außergewöhnliche Vielfalt der Flora und Fauna hat verschiedene Ursachen. Die Nähe zum Äquator bietet über das ganze Jahr ein weitgehend stabiles Klima, mit gleichmäßigen tropischen Temperaturen. Dazu kommt die ständig hohe Luftfeuchtigkeit durch die häufigen intensiven Regenfälle.
Letztlich ist auch der Mangel Motor für die Artenvielfalt. Die gegenseitige Konkurrenz, die Rangelei um das Vorhandene, zwingt zur ständigen Anpassung, um die eigenen Lebenschancen zu verbessern. So entstanden und entstehen in diesem üppig wuchernden Treibhaus immer wieder neue Lebensformen. Dieser Hintergrund hat unseren Blick für den Dschungel geweitet, hat uns neugierig gemacht, ihn unmittelbar zu erleben.
Wir steigen vom Turm hinunter, bestaunen die einzigartige Stahl- und Holzkonstruktion des Bauwerks. Jede Etage ist individuell eingerichtet, bietet gemütliche Sitzecken, zeigt Bilder der Tierwelt des Regenwaldes und Porträts der einheimischen Kichwa. Sie sind auch die Erbauer und Eigentümer der Lodge.
Den Turm und die Hütten der Lodge mitten in den Urwald ohne Straßenanbindung zu errichten ist eine Meisterleistung. Das gesamte Baumaterial, die Anlagen für die Strom- und Wasserversorgung und die Ausstattung der Zimmer mussten über den Rio Napo und dann mit den kleinen Kanus über den Schwarzwasserfluss mühselig zum Ameisensee transportiert werden. Auch alles, was zur täglichen Versorgung der Gäste und des Personals benötigt wird, kommt über diesen Weg.
Beeindruckt von diesem gewaltigen Aufwand, nehmen wir unser Abendessen im Restaurant am Fuße des Turmes ein. Ein reich gedecktes Buffet erwartet uns. Es gibt Bohnensuppe, frischen Salat, zwei warme Hauptgerichte Fisch und Fleisch, gebackene Bananen, Pudding und Frischobst zum Nachtisch. Alles schmeckt vorzüglich. Dazu werden uns verschiedene frischgepresste Säfte serviert.
Uns fällt auf, dass in der Küche und im Service nur Männer arbeiten. Marco klärt uns auf: Die Harmonie untereinander, die Konzentration auf die Arbeit ist uns wichtig. Wenn Frauen dabei sind, lenkt das von den Aufgaben ab. Es gibt Eifersüchteleien, Missgunst, kleine Streitigkeiten. Deshalb sind hier nur Kichwa-Männer beschäftigt.
Am nächsten Tag brechen wir zu einem ersten Ausflug direkt in den tropischen Regenwald auf. Lange Hosen sind angesagt, dazu tragen wir Gummistiefel von der Lodge und haben auch einen Regenponcho mit dabei. Ein Kanu setzt uns über den Ameisensee.
Dann tauchen wir in das grüne Meer des Urwaldes ein. Wir müssen uns nicht durch die Wildnis schlagen, wandern auf kleinen Pfaden. Die geschützte Natur zeigt sich hier im Nationalpark Yasuni in ihrer Ursprünglichkeit. Große, blaue Falter und andere Schmetterlinge begleiten unseren Weg. An einigen Baumstämmen hängen Termitennester.
Marco hat wieder das Fernrohr dabei. Was wir nicht sehen – er sieht alles, weiß alles, kennt alles über Flora und Fauna des Regenwaldes. Oben in der Astgabel eines Baumes hat er ein Faultier entdeckt, zeigt es uns über das Fernrohr ganz deutlich. Es sind nicht nur die großen Tiere des Dschungels, die er uns nahe bringt. Es sind vor allem auch die vielen kleinen Lebenwesen, die wir durch ihn kennenlernen – einen Tausendfüßler, eine Spitznasenkröte, einen Rubinpfeilgiftfrosch. An einer Stelle weist Marco auf den Boden. Wir sehen nur bräunlich gefärbte Blätter. Er greift ein Blatt heraus – es ist eine gut getarnte große Heuschrecke, die sich in ihrer Farbe vollständig der Umwelt angepasst hat. Begleitet von der vielstimmigen Geräuschkulisse des Dschungels stapfen wir an bis zu 60 Meter hohen Kapokbäumen vorbei, die viele breite mannshohe Wurzeln ausbilden.
Plötzlich erhebt sich vor uns eine große Stahlkonstruktion, ein 37 Meter hoher, begehbarer Aussichtsturm. Unfassbar für uns, wie die vielen Träger, Streben, Treppen und Geländer hierher gebracht und aufgebaut wurden. Auf der Aussichtsplattform bietet sich uns ein faszinierendes Panorama. Wir blicken auf das dichte grüne Dach des Dschungels. Es zeigt sich in vielen Farbschattierungen. Ein Ara-Pärchen zieht seine Kreise. Sittiche schwirren durch die Luft. Ein Tukan sitzt auf einem Ast fast zum Greifen nah. Mit seinem Fernrohr hat Marco einen Brüllaffen auf einer weit ausladenden Baumkrone entdeckt. Ein Gefühl der Freude hat uns ergriffen. Wir können uns an diesem überaus lebendigem Naturparadies nicht satt genug sehen. Möge es der Menschheit für immer erhalten bleiben.
Das Umweltministerium hat dafür strenge Regeln erlassen. Im Nationalpark ist Holz fällen, fischen und jagen untersagt, auch für die hier lebenden Kichwa. Ranger vom Umweltministerium sind hier ständig im Einsatz, wachen darüber, dass diese Festlegungen nicht unterlaufen werden. Unterstützt werden sie in ihren Bemühungen zum Schutz des Nationalparks auch durch die ansässigen Kichwa. Mit ihnen wurde von der Regierung ein entsprechender Vertrag abgeschlossen. Das alles lässt hoffen, das der Reichtum und die Schönheit des tropischen Regenwaldes weitgehend erhalten bleiben, wenn nicht die fortschreitende Erdölindustrie das Reservat massiv schädigt.
Mit diesen Gedanken verlassen wir den Aussichtsturm, erspähen auf dem Rückweg zur Lodge weitere kleine Bewohner des Dschungels. Eine Baumläuferechse hat sich an einem Baumstamm festgekrallt. Ihre Hautfarbe hat sie der Baumrinde angepasst. Sie ist so nur schwer zu entdecken. Auf einem großflächigen Blatt hat sich eine kleine Schlange breit gemacht. Sie ist giftig, weiß Marco. Aus etwas Abstand bestaunen wir sie. Wer glaubt, auf Schritt und Tritt im Urwald Affenhorden, Ameisenbären, Tapiren und Anakondas zu begegnen, wird vielleicht enttäuscht sein. Dazu bedarf es Zeit, Ausdauer und auch etwas Glück.
Am nächsten Morgen verspricht uns Marco ein besonderes Schauspiel. Wir werden die bunte Vielfalt von Papageien und Sittichen aus unmittelbarer Nähe beobachten können. Dazu geht es mit dem Kanu auf dem „Schwarzen Wasser“ wieder zurück zum Rio Napo. Ein großes Motorkanu nimmt uns hier auf. Wir fahren nur eine kurze Strecke am Ufer des Flusses entlang. An einer Stelle hat der Urwald eine Lücke gelassen, gibt den Blick frei auf die Uferböschung. Wir nähern uns mit abgeschaltetem Motor langsam diesem Platz. Was wir hören und sehen, verschlägt uns den Atem. Dutzende Papageien drängen sich dicht an dicht in mehreren Pulks auf dem Lehmboden.
Ihr lautes Gekreische und Gekrächze ist weithin zu hören. Aufgeregt flatternd ringen sie um den besten Platz an diesem Fleck, geben keinen Zentimeter frei.
Was sie in Scharen hierher treibt, ist für sie lebensnotwendig. Eifrig pickend nehmen sie aus dem Boden wichtige Mineralien und Salze auf, die sie für ihre Verdauung unbedingt brauchen – tagtäglich. Sie finden sie nur an wenigen Stellen. So wird jede zum Treffpunkt der bunten mehrfarbigen Vogelwelt in grün, gelb, blau, schwarz und weiß. Ihre besonderen Lebensgewohnheiten ermöglichen uns diesen einzigartigen Anblick. Wir könnten stundenlang diesem hektischen Treiben zusehen. Doch Marco drängt zum Aufbruch. Er verspricht uns, am Nachmittag noch einen weiteren Sammelplatz der bunten Vogelschar aufzusuchen.
Eine Begegnung mit einer Gruppe der Kichwa Añangu steht jetzt auf dem Programm. Wieder tauchen wir in den Dschungel ein, erreichen nach einem kurzen Fußmarsch ein Indio-Camp. Ein paar einfache Hütten stehen hier, ausgestattet und eingerichtet als Besuchs- und Informationszentrum für Touristen. Wir werden sehr freundlich empfangen. Hübsche junge Frauen mit ihren kleinen Kindern erwarten uns. Sie tragen farbige Röcke und Blusen, die sie selbst geschneidert haben. Dann singen, tanzen und spielen sie für uns, zeigen uns ihre fröhliche indianische Lebensart.
Die Leiterin des Zentrums führt uns danach in eine geräumige Hütte, die mit vielen, meist hölznern Küchen- und Arbeitsgeräten ausgestattet ist.
Sehr anschaulich gibt sie uns einen Einblick in die Arbeits- und Lebensweise ihres Stammes. Sie zeigt uns, wie nach uralter Weise Feuer entzündet wird. Wir erfahren viel über die Kultur, die Bräuche und Traditionen der Kichwa, wie sie das harte Leben mitten im Urwald meistern.
Zum Abschluss unseres Besuches präsentieren uns die Frauen in einem Shop noch Produkte ihrer traditionellen Handwerkskunst. Da gibt es buntbestickte Textilien, indianischen Schmuck, Schnitzereien, Tierfiguren aus Glas und Holz und vieles mehr. Die Fülle des Angebots regt zum Kauf an. Es sind schöne Andenken an unseren Aufenthalt im tropischen Regenwald.
Wir ziehen weiter zum zweiten Tummelplatz der bunten Vogelwelt. Mit unserem Kanu geht es im „Schwarzen Wasser“ ein Stück flussaufwärts. Dann betreten wir erneut einen Dschungelpfad und erreichen nach einer halbstündigen Wanderung eine kleine Lichtung. Hier haben die Kichwa einen großen, überdachten Beobachtungsstand errichtet. Wir blicken auf eine kleine freie Schneise, die vom Urwald umsäumt ist. Darauf hockt in großen Scharen das artenreiche bunte Vogelvolk des Urwalds.
Auch hier naschen sie aus dem Boden die lebensnotwendigen Mineralien, suchen mit lautem Geschrei die beste Stelle zu ergattern. Wir sind gebannt von diesem lebhaften Spektakel. Niemand redet. Keiner will dieses faszinierende Schauspiel stören. Nur ungern reißen wir uns nach einer Stunde von diesem wunderbaren Anblick los, kehren zur Lodge zurück. Das Abenteuer Dschungel hat damit für uns einen eindrucksvollen Abschluss gefunden.
Am nächsten Morgen besteigen wir unsere Kanus, fahren zurück zum Rio Napo. Plötzlich taucht vor uns eine Riesenotter-Familie auf und beäugt uns aufmerksam.
Sie begleiten uns noch eine kleine Wegstrecke. Es scheint, als wollten sie uns auf Wiedersehen sagen.
Ein großes Motorkanu nimmt uns am Rio Napo auf, bringt uns nach Coca zurück. Während der Fahrt sind wir in Gedanken noch bei den unvergesslichen Erlebnissen im Dschungel. Nur zwei Prozent vom gesamten Amazonas-Regenwald besitzt Ecuador. Doch auf diesem kleinen Flecken sind 50 Prozent der Pflanzen- und Tierwelt des riesigen Amazonasbeckens zu finden. Ein herrliches Stück Ecuador.
Nur elf Tage haben wir das Land am Äquator bereist, haben die Vielfalt und Schönheiten der unterschiedlichen Landschaften erlebt. Wir haben die trocken-heiße Küstenregion mit der Millionenstadt Guayaquil kennengelernt, haben das Andenhochgebirge mit seinen vielen Lagunen bestaunt, standen an der Straße der Vulkane in 5.000 Meter Höhe am Fuße des Chimborazo, wanderten durch die prächtige Altstadt von Quito und waren auf Entdeckungstouren im tropischen Regenwald.
Kaum ein Land hat Reisenden diese vielseitige Erlebniswelt zu bieten. Ecuador – ein fazinierendes Land für einen maßgeschneiderten Urlaub, der keine Wünsche offen lässt.
Weitere Informationen bei:
- Botschaft von Ecuador
- Joachimstaler Str. 12
- 10719 Berlin
- Deutschland
- Tel. 0049-30-8009695
- Fax 0049-30-800969699
Text: Manfred Vieweg
Fotos: Matthias Dikert